Die hohen Wohnpreise und die Zinswende werfen immer häufiger die Frage nach einer Immobilienblase auf. Doch wie genau haben sich die Preise entwickelt – und wie real ist die Blasengefahr in Niedersachsen wirklich?
Wohnen wird teurer – auch in Niedersachsen. Besonders in den Ballungszentren des Landes ziehen die Mieten und Immobilienkaufpreise kontinuierlich an. Während im Jahr 2015 in den 25 größten Städten Niedersachsens noch 57 Prozent der angebotenen Mietwohnungen unter sieben Euro pro Quadratmeter angeboten wurden und damit günstig waren, traf das im Jahr 2021 nur noch auf 20 Prozent aller Vermietungsangebote zu. Bei einer weitestgehend gleichbleibenden Anzahl von Haushalten, die Transferleistungen erhalten und damit auf eine günstige Miete angewiesen sind, bedeutet das: In den großen niedersächsischen Städten sind die Chancen auf eine bezahlbare Wohnung in erheblichem Maß gesunken.
Für die übrigen niedersächsischen Kommunen zeichnet sich eine ähnliche, wenn auch mildere Entwicklung ab. Lagen hier im Jahr 2015 noch 74 Prozent aller angebotenen Mietwohnungen bei einem Quadratmeterpreis von unter sieben Euro, so waren es im Jahr 2021 nur noch 37 Prozent. „Der Blick auf die räumliche Verteilung der Preisentwicklung verdeutlicht: Besonders im Umland der großen Städte ist ein starker Preisanstieg spürbar – ein Hinweis darauf, dass in den Kernstädten selbst nicht mehr genug bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist, und die Nachfrage ins Umland ausweicht und in der Folge auch dort zu Preissteigerungen führt, so Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der NBank.
Zum Beispiel verzeichnet die Region Hannover einen schnelleren Preisanstieg als die Landeshauptstadt selbst. Das ist wenig verwunderlich, denn mit einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 10,05 Euro/qm gehört Hannover im Jahr 2021 von zu den teuersten Städten des Landes. Ein Mietpreis von mehr als neun Euro pro Quadratmeter ist in den größten Ballungsräumen und ihrem direkten Umland spätestens im Jahr 2021 zur Regel geworden. Dazu gehören neben der Landeshauptstadt unter anderem Braunschweig, Oldenburg und Göttingen, oder auch das Umland von Hamburg und Bremen. In den 25 größten niedersächsischen Städten lag die Miete im Jahr 2021 durchschnittlich bei 8,76 Euro/qm.
Preissteigerung in allen Segmenten des Wohnungsmarkts
Insgesamt sind die Mietpreise in 15 von 37 Landkreisen um mehr als einen Euro pro Quadratmeter gestiegen (Vergleich der Zeiträume 2016-2018 und 2019-2021). Zu den Regionen mit dem stärksten Anstieg der Mietpreise zählt mit 1,25 Euro/qm der Landkreis Harburg – dabei ist der direkt an Hamburg angrenzende Raum mit einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 10,20 Euro/qm im Jahr 2021 bereits die teuerste Mietregion Niedersachsens.
Noch stärker als die Mietpreise steigen die Kaufpreise für Wohnimmobilien in Niedersachsen. Für bestehende Eigentumswohnungen mussten Käufer in 2021 durchschnittlich knapp 2.800 Euro/qm und damit 87 Prozent mehr als noch 2015 bezahlen. Mit einem Anstieg in Höhe von 51 Prozent folgen die Kaufpreise für neue Eigentumswohnungen – von 2.300 auf 3.500 Euro/qm. Im gleichen Zeitraum sind die Mietpreise in Niedersachsen bei wiedervermieteten Wohnungen durchschnittlich um 33 Prozent, bei Neuvermietungen um 22 Prozent angestiegen.
Blasengefahr in Niedersachsen?
Angesichts der hohen und steigenden Preise und der steigenden Zinsen stellt sich die Frage, ob es eine Immobilienblase gibt, und ob diese zu platzen droht. Für eine Immobilienblase bräuchte es ein Überangebot oder/und eine sinkende Nachfrage, die dann zur rapiden Entwertung von Immobilien führt.
Trotz der Zinswende ist ein solches Szenario in Niedersachsen insgesamt bislang eher unwahrscheinlich. Denn in den Ballungsräumen bleibt die Nachfrage so hoch, dass sie durch die laufenden Bestandserweiterungen und den Neubau nicht gedeckt werden kann. Des Weiteren haben Banken in Deutschland nach wie vor starke Anforderungen für die Kreditvergabe, was eine Bankenkrise sogar bei einem schnellen Preisabfall sehr unwahrscheinlich macht.
Blasengefahr besteht eher mit Blick auf Wohnraum, der aus der Norm fällt - so z. B. für Luxuswohnungen oder Wohnungen in schlechtem Zustand in unattraktiver La-ge. Perspektivisch besteht diese Gefahr auch für ältere Einfamilienhäuser in ländlichen Regionen. Denn jüngere, weniger zahlungskräftige Familien weichen immer häufiger auf bezahlbares Bauland in peripherer Lage aus, weil sie sich bedarfsgerechten Wohnraum in den Kernstädten und deren Umland nicht mehr leisten können. Sie suchen dort jedoch nicht die frei werden Einfamilienhäuser in zum Teil schlechtem Zustand, sondern bezahlbares Bauland, auf dem sie ihre Wunschvorstellungen möglichst gut verwirklichen können. Durch diese neuen Häuser verlieren die älteren Einfamilienhäuser in der Nachbarschaft (weiter) an Wert.
Dass die Nachfrage nach Wohnraum in den Kernstädten und deren Umland nicht nachlässt, ist vor allem durch die fehlende Verfügbarkeit bezahlbaren, bedarfsge-rechten Wohnraums in diesen Lagen zu erklären. So finden oftmals weder ältere Menschen kleine und altersgerechte Wohnungen, noch finden Familien große und familiengerechte Wohnungen - diejenigen Wohnungen mit entsprechenden Eigenschaften, die auf dem Markt angeboten werden, bleiben deshalb umkämpft. Und dass Wohneigentum finanzierende Banken bei deutlich stärkerer Inflation aktuell wieder höhere Zinsen und mehr Eigenkapital verlangen, führt nicht zu einer gerin-geren Wohnraumnachfrage. Vielmehr verlagert sich ein Teil der Nachfrage wieder mehr in den Mietwohnungsbereich.
Für das laufende Jahr 2022 erwartet die NBank-Wohnungsmarktbeobachtung auf-grund der steigenden Preise für Baustoffe, Baudienstleistungen und Baufinanzierung eine deutlich geringere Preisdynamik vor allem im Segment Wohneigentum.
Über die NBank:
Die „Investitions- und Förderbank Niedersachsen – NBank“ ist der kompetente Ansprechpartner in Niedersachsen für alle relevanten Förderprogramme der Europäischen Union, des Bundes, des Landes und der Kommunen. Die NBank wurde 2004 gegründet und gehört zu 100 Prozent dem Land Niedersachsen. Derzeit beschäftigt sie 675 Mitarbeiter und weist eine Bilanzsumme von 4,98 Milliarden Euro aus.